Bullying -Schulgewalt- als Folge eines überbehütenden Erziehungsstils
Unter Bullying (einer Sonderform des Mobbing ) versteht man die offenen und versteckten Aggressionen und Schikanen die Schüler/innen durch andere Schüler/innen ausgesetzt sind. Menschliche Aggression und Gewalt wird als körperliches oder verbales Handeln definiert, welches mit der Absicht ausgeführt wird zu verletzen oder zu zerstören.
Gewalt ist Aggression in ihrer extremen, schädigenden und sozial nicht akzeptablen Form. Gewalt unter Schulkindern ist zweifellos ein sehr altes Phänomen. Betrachtet man die Werke der Literatur so stößt man immer wieder auf Beschreibungen in denen Kinder häufig und systematisch von anderen Kindern psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt waren.
Doch erst zu Beginn der 1970er Jahre wurden in Skandinavien erste wissenschaftliche Untersuchungen zu dieser Problematik durchgeführt. In den 1980er und 1990er Jahren zog das Thema Gewalt unter Schulkindern ein gewisses Interesse der Öffentlichkeit auf sich und wurde über Länder wie Japan, Großbritannien, Kanada, USA und Australien auch Forschungsgegenstand in Deutschland. Dennoch steckt die Erforschung dieser Thematik nach wie vor in den Kinderschuhen, insbesondere was die Langzeitbetrachtung und die Spätfolgen für Opfer und Täter betrifft.
Die meisten Daten der Forschung, die überwiegend aus skandinavischen Ländern stammen, sehen heute einen Viktimisierungsgrad von ca. 10 %. Das heißt, das jedes 10 Kind einer Schulklasse direkt oder indirekt über einen längeren Zeitraum Opfer von physischer oder psychischer Gewalt wird.
Die Gewalthandlungen stellen eine extreme Form sozialer Stressoren dar. Mit zunehmender Viktimisierung erhöht sich das Stresserleben was zu schwerwiegenden und nachhaltigen Beeinträchtigungen bei den Betroffenen führen kann. Wir Menschen leben in der sinnlichen Wahrnehmung der Welt, niemals in ihr unmittelbar. Wir sind daran gewöhnt, die Welt durch unsere fünf Sinne zu erfahren und die daraus abgeleiteten Informationen zu interpretieren. Darauf beruhen unsere Reaktionen. Das was wirklich passiert, geschieht in unserem Kopf. und die Sinneseindrücke vertreten die Welt im außen.
„Sein, heißt in Beziehung sein“. Wir stehen ständig über unsere Sinne mit unserer Außenwelt in Beziehung. — es ist folglich nicht möglich, nicht in Beziehung zu sein. Wir selbst bestimmen, ob wir die empfangenen Sinnesinformationen in ein gutes oder schlechtes Bild der Welt verwandeln.
Ob ein Kind zum Opfer von Schulgewalt wird, hängt demnach mit seiner Prägung zusammen, die es zuvor im Elternhaus erlebt hat; mit anderem Worten: wie es gelernt hat seine Welt zu sehen. Diese, für viele provokant wirkenden Aussage, wird leider durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt. Diese belegten, das die Tendenz zur „Überbehütung“ durch das Elternhaus sowohl Ursache wie auch Folge von Gewalttätigkeit sein kann. Unter Überhütung versteht man einen Erziehungsstil indem die Eltern Besitz von ihren Kindern ergreifen, ihnen keine Freiräume und keine Privatsphäre lassen, sie emotional binden und mit übermäßigen Liebe erdrücken. Sie sind überbesorgt und fürsorglich, und opfern sich für sie auf. In diesem Umfeld erfahren die Kinder eine Prägung, in der sie von ihren Eltern abhängig bleiben, sich nicht weiterentwickeln oder regredieren. Sie können kein Selbst ausdifferenzieren, werden nicht selbständig und lösen sich nicht von ihren Eltern ab. Die Folge: Kinder aus einem überhütetem Elternhaus werden aufgrund ihres prägungsbedingten Verhaltens häufig Opfer von schulischer Gewalt.
Sie erfahren sich somit in einer Welt mit doppelter Gewalt. Zum einen die Schule, wo sie sich dem ständigen Stress möglicher physischer und psychischer Attacken ausgesetzt sehen müssen; zum anderen in der scheinbar heilen Welt des Elternhauses, wo sie in einem Meer an Nähe und Liebe schier ertränkt / erdrückt werden, jedoch letztendlich vor der Gewalt aus der Schule keine Hilfe finden. Diese Zerrissenheit zwischen den beiden Erlebniswelten dauert über einen Zeitraum von mehreren Jahren an und dürfte sicherlich erhebliche Spuren in der Psyche des heranwachsenden Menschen hinterlassen.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Mit der zuvor genannten Thematik beschäftigt sich eine Ausarbeitung von Herrn Dr. Jürgen Groß -aus dem Jahr 2002-, welche Sie im Internet kostenlos herunterladen können: