Ziele richtig formulieren
Oft sind berufliche Ziele im Kopf des Klienten vorhanden und zum Teil auch schon niedergeschrieben und z. B. in den Jahresplänen von Unternehmen verankert. Die Ziel-Arbeit ist in Firmen ein über 30 Jahre altes Instrumentarium, begonnen in den 1970er Jahren mit den Methoden des „Management by Objectives“. Diese Methodik wurde verfeinert und verbreitete sich in alle Teile der Unternehmungen. Heute kennt praktisch jeder Mitarbeiter in einem Konzern seine Ziele und sei es dadurch, dass er einen „Zielbrief“ mit den Unternehmensgrundsätzen und seinen Monats-, Quartals- und Jahreszielen von seinem Vorgesetzten bekommen hat. Ob sie mit seinen persönlichen Zielen übereinstimmen, bleibt zu prüfen.
Dies führte zu einer Ziel-Konzentration und -Detailbesessenheit im Beruf und – in vielen Fällen – zur Ziellosigkeit in den anderen Bereichen des Lebens. Partnerschaft, Gesundheit und Hobbys wurden diesen Berufszielen untergeordnet. Hier kann Coaching mit der Konzentration auf Ziele in allen Lebensbereichen ansetzen und spürbare Veränderung für den Klienten erlauben.
Ziel-Arbeit heißt, es werden Ziele in allen Bereichen des Lebens des Klienten aufgestellt. Dies können z. B. sein: Beruf, Partner, Kinder, Familie, Gesundheit, Wohnen, Hobbys, Persönlichkeit und Bildung. Der Klient arbeitet fortwährend mit der Formulierung in diesen, von ihm selbst gewählten, Bereichen. Diese ändern sich am Anfang noch, werden zusammen gelegt, erweitert, neue Bereiche kommen manchmal hinzu.
Ziel-Coaching kann auch Ziele in klar umrissenen Bereichen umfassen – z. B. im Projekt-Coaching. Sowohl im Einzel- als auch im Team-Coaching lernen die Klienten, für sich selbst und im Team Ziele zu formulieren und mit Etappenzielen zu strukturieren.
Es hat sich im Coaching bewährt, auf die Formulierung von Zielen besonderen Wert zu legen und dabei die Wohlgeformheitskriterien besonders in den Fokus zu nehmen. Mithilfe dieser Kriterien kann der Klient und der Coach sicherstellen, dass Ziele genügend Energie entwickeln und vom Klienten auch erreicht werden.Jedes Ziel sollte für den Klienten Spaß und Freude beinhalten – wenn schon bei der Formulierung Zwänge und Lasten mitschwingen, ist die Motivation für die Zielerreichung gering. Jeder Teilschritt hat diesen Spaß und die Freude, in den Coaching-Sitzungen hilft Humor in der Zielanleitung zur Verankerung. Hier sind besonders in Deutschland die Vorurteile stark: „Ziele sollen mir Freude bereiten – wo bleibt denn da die Arbeit?“ Gerade in Bereichen wie Familie und Partnerschaft, in denen sich im Laufe der Jahre Routinen eingeschlichen haben, legt die Freude in der Zielformulierung den Grundstein für ein verändertes Verhalten in der Zielerreichung.
Ziele sind eine Herausforderung für den Formulierer. Alltagsroutinen und immer wieder kehrende Tages- und Wochenziele sind hier nicht von Bedeutung, der Klient fokussiert sich auf das Besondere in seinen Lebensbereichen. Diese Herausforderung sorgt dafür, dass der Klient motiviert ist, auch Durststrecken zu überwinden und sein Ziel weiter zu verfolgen. In der Praxis verändern sich Ziele gerade dann, wenn der Grund der Herausforderung geprüft wird: Was steckt hinter einem Ziel, gibt es übergeordnete Ziele, die zunächst nur unbewusst verfolgt worden? Hinter dem Ziel, einen PR-Artikel in einer überregionalen Tageszeitung zu bekommen, steckt vielleicht das Bedürfnis nach Anerkennung. Daraus können Ziele zur Befriedigung dieses Bedürfnisses abgeleitet werden – z. B. zur Stärkung der Eigenanerkennung im Sinne der Selbststeuerbarkeit.
Die Selbststeuerbarkeit ist eines der wichtigsten Kriterien. Nur wenn der Klient sicher stellen kann, sein Ziel auch selbstständig erreichen zu können, erst dann ist das Ziel auch wohlgeformt. Unterstützend ist hier die Formulierung von Sätzen, die mit „ich“ beginnen und dabei den Selbstbezug deutlich machen. Für viele Klienten ist es eine Herausforderung, sich selbst in den Vordergrund zu stellen und als Mittelpunkt der Handlungen zu sehen. Erst, wenn der Klient im Coaching erfahren hat, dass er selbst der Ursprung des Handelns ist und nicht die „Umstände“, erst dann ist der Freiraum für verändertes – und selbst initiiertes – Handeln vorhanden.
Ziele sind positiv und in der Gegenwart formuliert. Die positive Formulierung steigert die Motivation, das Ziel vor Augen zu haben. Der bestimmte Zustand wird erstrebenswert, der Klient will ihn erreichen. Die Behauptung, also die Formulierung „, was jetzt ist“, erhöht ebenfalls die Chancen, das Ziel zu erreichen. Aussagen, wie „ich werde“ oder „ich möchte“ sind nur Absichtserklärungen, die den Erfolg von Zielen schmälern.
Ziele sind ökologisch und damit ein Gewinn für alle. Hier kann der Klient seine Ziele anhand seines gesamten Umfeldes abklopfen: Welchen Gewinn habe ich von meinem Ziel? Welchen meine Mitarbeiter? Mein Partner? Meine Kinder? Meine Eltern? Meine Freunde? Meine Nachbarn? Was in der Theorie zunächst für Heiterkeit sorgt, gewinnt in der Praxis der Zielformulierung an enormer Schubkraft. Wenn möglichst viele Menschen im Umfeld einen Gewinn von Zielen des Klienten haben, werden sie sich auch für die Ziele des Klienten einsetzen. Hier ist die Frage nach dem Preis und den Konsequenzen der Veränderung hilfreich: Wenn Ihr Ziel erreicht ist, was hat sich dann in Ihrem Umfeld verändert?
Ziele sind realistisch und erreichbar und zwar immer aus der Sicht des Klienten. Er schätzt selbst ein, ob seine Ziele in seine Realität umgesetzt und für ihn durchführbar sind. In Biografien von Unternehmensgründern finden sich eine Fülle von Beispielen, in denen die Gründer Ziele für sich selbst aufgestellt haben und Menschen diese Ziele für unrealistisch oder sogar für verrückt erklärt haben. Für die Gründer waren sie jedoch realistisch und erreichbar – und in vielen Fällen der Schlüssel zum Erfolg.
Ziele sind messbar und kontrollierbar: Was ist wann wie viel und mit wem? Neben der Festlegung des Zeithorizontes wird der Klient im Coaching unterstützt, genau und quantifizierbar seine Ziele zu formulieren. Dies erleichtert die spätere Eigenkontrolle und öffnet den Weg für das Selbst-Coaching des Klienten. Zirkuläre Fragen, die das Umfeld einbeziehen, erleichtern die Konkretisierung: Woran würden Sie bei anderen merken, das Sie Ihr Ziel erreicht haben – bei ihrem Partner, ihren Kindern, ihren Freunden, ihren Mitarbeitern? Vergleiche wie „mehr“, „besser“ oder „größer“ haben hier keinen Platz, es werden bewusst neue Ergebnisse formuliert.
Schließlich erschaffen Ziele neue Wahlmöglichkeiten und eröffnen den Blick für Alternativen im Handeln. Hier wird ersichtlich, wie wertvoll Ziel-Arbeit gerade im Coaching ist, welches sich im Grundsatz auch mit der Erhöhung von Wahlmöglichkeiten und mit verändertem Handeln beschäftigt.
Dem Zeithorizont von Zielen sind keine Grenzen gesetzt: Tages-, Wochen- und Monatsziele sind ebenso möglich wie Jahres-, 2-Jahres-, 5-Jahres- und sogar 20-Jahres-Zielen. Im Ziel-Coaching hat sich bewährt, mit Wochen- und Monatszielen zu beginnen – auf besonderen Wunsch der Klienten sind auch Jahresziele zu Beginn möglich. Besonders bei Wochenzielen kann der Klient im Alltag herausfinden, wie Ziele zu seinem Wegbegleiter werden können.
Am 2. März 2007 um 21:51 Uhr
[…] Hat der Klient seine Ziele nach den Wohlgeformtheitskriterien formuliert, beginnt der stetige Prozess der Realisierung. Wie können Ziele so im Denken des Klienten verankert werden, dass sie während der Alltagsarbeit präsent bleiben? […]